Was macht Podcasts so interessant für Digitales Marketing?
Diese Beitragsreihe soll sich dem Versuch widmen, das noch recht neue Thema Podcasts im Kontext anderer Marketing- und Medienkanäle einzuordnen. Wo sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Vergleich zu bekannten Kanälen im Digital Marketing? In der Beitragsreihe Podcasts im Digital Marketing werden verschiedene Perspektiven aufgegriffen – angefangen bei medialen Vergleichen über technische Aspekte bis hin zu Verhalten von Rezipient:innen und Branchen-Protagonist:innen. Neben dem ganzheitlichen Erfassen von Podcasts als eigenen Medienkanal soll diskutiert werden, warum das mit der Podcast-Werbung und Erfolgsmessung ggf. komplizierter wird, als man es von anderen Kanälen gewohnt ist. Und wir werden einen Ausblick wagen, ob es der Digital Branche dieses Mal gelingen wird, sich den Werbekanal „Podcast“ via „Copy-Paste“ von bestehenden Konzepten zu erschließen oder ob schon wieder ein kleiner Paradigmenwechsel ansteht, um das „neue“ Medium auch als Marketing-Kanal zu verstehen, erfolgreich zu managen und als Erweiterung im Media Mix zu etablieren. Los gehts!
Wie unterscheiden sich Podcasts von anderen Medien?
Sagen wir so: Wirklich neu sind Podcasts ja eigentlich nicht. Die Kollegen von podcast.de machen bereits seit 2008 Podcast-Business. Aber den wirklichen Mainstream-Kick gab es erst vor ein paar Jahren – nicht zuletzt mit der Pandemie gab es ordentlich Anschub in der Branche. Also wird es Zeit, sich einmal dem zu widmen, was das Medium so besonders macht.
Vergleichen wir Podcasts mit etablierten Digital Marketing Kanälen, stellen wir fest: Es gibt einen wichtigen Unterschied im Vergleich zu Social Media, Search und Display. Podcasts sind per-se erstmal eine MP3-Datei, die irgendwo auf einem Server liegt. Es handelt sich demnach um dezentrale Mediendaten, die über einen unabhängigen Weg in das Ökosystem integriert werden – dem RSS-Feed. Sobald die MP3-Datei via RSS-Feed in den jeweiligen Player und damit in die für Endkonsument:innen zugängliche Plattform eingespeist wird, ist sie dort hörbar und damit weiter distribuierbar in die breite Masse.
Andere Plattform, andere Regeln
Das Thema Dezentralität bei Podcasts ist rein technisch betrachtet ein essenzieller Unterschied im medialen Vergleich. Denn in der Regel geben die Plattformen die Medien- bzw. Content-Formate vor, die Creators nutzen können. Google, Facebook, Snap & Co. diktieren die (u.a. technischen) Regeln des Contents und dessen Distribution. Ob Video-, Text- oder Bild-Format, Länge oder Größen bis hin zu Share-Links, Engagement-Buttons – alles im Besitz der Plattformen und strategisch mit Kalkül vorgegeben. Alles funktioniert nur für bzw. auf der jeweiligen Plattform. Und diese grenzen sich natürlich bewusst technisch voneinander ab.
Man kann also sagen: Etablierte digitale Marketing Kanäle waren bisher weitgehend geschlossene technische Systeme. Und das hatte auch seinen guten Grund: Denn damit war alles entlang der Wertschöpfung bis ins letzte Glied durch die Plattform steuer- und trackbar. Insbesondere für das Thema Advertising ein positives Merkmal der bisherigen Systeme. Anders verhält sich das nun bei Podcasts. Hier hat sich das technische Ökosystem erst nach und nach um das Format herum gebildet. Die Themen Distribution von Inhalten und deren Monetarisierung sind im Vergleich zu anderen Systemen kein Kernbestandteil des Medienkanals gewesen, sondern haben sich erst in der neueren Zeit auf das Medium quasi „draufgesetzt“. Zu den Folgen dieser technischen Dezentralität (insbesondere für die Werbeindustrie) wird in den späteren Folgen der Beitragsreihe näher eingegangen.
Und wie ist das mit Radio?
Der Vergleich von Podcasts mit Radio liegt nahe, ja. Und zugegeben, es ist sehr ähnlich. Aber auch hier – Dezentralität. Jeder Podcast Host macht quasi einen eigenen Radiosender. Jeder bestimmt Inhalt, Distribution, Frequenz und Ausgestaltung seiner „Show“ selbst. Unabhängig vom Rest. Komplett frei. Radio verhält sich zu Podcasts vielleicht so ähnlich wie lineares TV zu Streaming-Diensten. Fragmentierte Formate, viele Sparten-Themen, aber ohne zentrale Programm-Strategie. Das Thema Dezentralität ist demnach nicht nur aus technischer Sicht ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal von Podcasts zum medial „Establishment“ , sondern greift auch inhaltlich als Merkmal.
Hier ist es jedoch kein Alleinstellungsmerkmal speziell für Podcasts. Denn bei der inhaltlichen Freiheit kommt man direkt in den Bereich Social Media und Video-Streaming – weit geworfen direkt in die Distributionswege der „Creators Economy“. Denn auch auf Youtube, Instagram und Tiktok findet man hier dezentrale und unabhängige Content-Formate, Sparten-Programme und Themenvielfalt. Hier würde man meinen, dass sich Podcasts ins digitale Ökosystem der Content-Creators recht passend einordnen lassen. Die medialen Eigenheiten von Podcast-Audio im Vergleich zu Text, Video- und Bild-zentrierten Formatwelten werden wir an anderer Stelle dieser Beitragsreihe gesondert behandeln.
Zwischenfazit Teil 1
Podcasts sind grundlegend independent, denzentral und eigentlich owned den Podcast erstmal nur der, der ihn auch produziert. Podcasts heute sind also echter demokratisierter Content im Netz, um den nach und nach Plattformen gewachsen sind, die aber eher als Distributionswege dienen, nicht aber die technische Grundlage der Formate vorgeben. Debatten über Ownership, Rechte von Creators am Medium – alles, was seit Anbeginn der Zeit bei klassischen Social Media Plattformen ungeklärt bzw. der Plattform Policy unterstellt blieb – nicht nötig bei Podcasts. Was auf inhaltlicher Ebene nicht wirklich als Alleinstellungsmerkmal zu anderen Social Media und Streaming-Medien taugt, ist technisch wahrscheinlich das Alleinstellungsmerkmal schlechthin für Podcast. Podcasts sind dezentrale Medien – Podcasts sind Independent Content!